<
38 / 453
>
 
05.12.2022

Exoskelette – mehr als Science-Fiction

In Science-Fiction-Filmen tauchen sie immer wieder auf: Exoskelette. Sie verleihen ihren Trägern übermenschliche Kräfte und machen aus normalen Menschen wahlweise echte Superheldinnen oder Superschurken. Alles Fantasie? Keineswegs: Exoskelette sind längst in der realen Welt angekommen – auch in vielen Bereichen der Arbeitswelt. Sie unterstützen ihre Trägerinnen und Träger bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten, sie erhöhen die Leistungsfähigkeit, sorgen für mehr Zufriedenheit und verringern die Krankenstände. Wie das im Alltag konkret funktioniert, darüber haben sich aktuell Handwerkerinnen und Handwerker aus der Grafschaft in einem Vortrag in der Kreishandwerkerschaft in Nordhorn informiert.


Black African American Engineer is Testing a Futuristic Bionic Exoskeleton and Proudly Wearing it in a Heavy Steel Industry Factory. Powered Mobile Machine Shell made for Helping Workers.„Exoskelette sind am Körper getragene technische Assistenzsysteme, die verschiedene Belastungsfaktoren bei körperlicher Arbeit optimieren und bei Bewegungseinschränkungen unterstützen können“. Mit dieser allgemeinen Definition führte Referent Klaus Westhoff zu Beginn formell in das Thema ein. Als Geschäftsführer der BGPM Forum GmbH & Co. KG in Lengerich beschäftigt sich Westhoff seit Jahren mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement und er berät Unternehmen auch bei der Einführung von Exoskeletten.


„In der Arbeitswelt können Exoskelette überall eingesetzt werden, wo kurzfristig schwere körperliche Arbeit oder Tätigkeiten in sogenannten Zwangshaltungen – also ungünstigen Körperhaltungen – geleistet werden müssen“, erklärte der Experte. Sowohl aktive Exoskelette, also Systeme, die ihre Träger mithilfe von Motoren unterstützen, als auch passive Exoskelette, die die Tragenden rein mechanisch unterstützen, sind heute im Markt erhältlich. Je nach Modell, Hersteller und Einsatzgebiet liegen die Anschaffungskosten zwischen 500 und 40.0000 Euro, wobei die aktiven Exoskelette deutlich teurer, aber eben auch besonders wirksam sind. Mithilfe batteriebetriebener Motoren unterstützen diese Systeme die Tragenden zum Beispiel beim Greifen, Tragen oder Laufen. Die Nachteile: Bei Menschen, die regelmäßig aktive Exoskelette nutzen, kann es zum Abbau der eigentlichen Muskulatur kommen. Zudem sind aktive Exoskelette aufgrund ihrer Komplexität vergleichsweise groß und schwer anzuziehen.

Passive Exoskelette sind im Normalfall deutlich leichter anzulegen. Sie liegen eng am Körper an und funktionieren rein mechanisch, was sie im Endeffekt auch kostengünstiger macht. Aber auch sie sorgen schon für erhebliche Entlastungen von bis zu 50 Prozent. Sie unterstützen beim Heben, Tragen und Halten und kommen unter anderem in der Logistik, bei Montagearbeiten, in der Fließbandarbeit, im Bauwesen und auch in der Pflege zum Einsatz.

Dass sich eine Investition in Exoskelette auch für die Handwerksbetriebe in der Grafschaft lohnen kann, steht für den Experten Westhoff außer Frage. „Der Fachkräftemangel und zunehmende Krankenstände setzen das Handwerk unter Druck. Hinzu kommen immer älter werdende Belegschaften, in denen die Leistungsfähigkeit abnimmt. Der Einsatz von Exoskeletten macht sich in diesem Umfeld doppelt bezahlt: Zum einen, weil sich so insbesondere Muskel-Skelett-Erkrankungen, die nach wie vor für den größten Anteil der Ausfälle verantwortlich sind, vermeiden lassen. Zum anderen, weil die Unternehmen mithilfe der Exoskelette die Leistungsfähigkeit ihrer Mitarbeitenden und somit auch die eigene Effizienz erhöhen bzw. erhalten können“, erläuterte der Experte, der zudem auf einen weiteren Mehrwert hinwies: Unternehmen, die Exoskelette im Einsatz haben, haben es leichter, sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. „Auch das ist in der heutigen Zeit kein unwichtiges Argument“, betonte er.

Nutznießer sind aber nicht nur die Unternehmen, sondern auch die Mitarbeitenden selbst, die mithilfe der Exoskelette die gesundheitlichen Risiken und die Gefahr von Langzeiterkrankungen aufgrund von Arbeitsbelastungen deutlich reduzieren können.
„Ich bin mir sicher, dass der Einsatz von Exoskeletten für viele unserer Betriebe extrem hilfreich sein kann. Im Handwerk spielt Körperkraft nach wie vor eine Rolle. Der Vortrag von Klaus Westhoff hat eindrücklich belegt, dass die Unternehmen mit Exoskeletten für sich und ihre Mitarbeitenden echte Mehrwerte schaffen können. Diese Technologie bietet enorme Chancen, daher war es uns auch so wichtig, diesen Impuls an unsere Betriebe heranzutragen“, betonte der Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Grafschaft Bentheim, Sascha Wittrock, nach der Veranstaltung.

Bildquelle: AdobeStock/Gorodenkoff Productions OU