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22.01.2021

Corona-Pandemie hinterlässt Spuren auf dem Arbeitsmarkt

Arbeitslosenquote erhöht sich im Jahresdurchschnitt auf 3,0 Prozent - im Jahresdurchschnitt sind 8.014 Personen arbeitslos gemeldet - Nachfrage nach Arbeitskräften sinkt um 35,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr


Die Corona-Pandemie hat im Jahr 2020 Spuren auf dem Arbeitsmarkt im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn hinterlassen. Seit April 2020 ist die Arbeitslosigkeit im Landkreis Emsland und in der Grafschaft Bentheim zum Vorjahr deutlich angestiegen. „Wir hatten in der Spitze im August rund 40 Prozent mehr Arbeitslose als vor einem Jahr. Ab September konnte sich die Lage etwas entspannen“, blickt René Duvinage, Geschäftsführer Operativ der Nordhorner Arbeitsagentur, auf das vergangene Jahr zurück.


Corona treffe die Region aber härter als anderswo: „Der Anstieg der Arbeitslosigkeit war in unserem Agenturbezirk fast doppelt so hoch wie im Land Niedersachsen“, stellt Duvinage fest. Insgesamt stieg die Zahl der Arbeitslosen im Jahr 2020 um 28,5 Prozent. Die Arbeitslosenquote betrug im Jahresdurchschnitt 3,0 Prozent. „Das entspricht etwa dem Niveau von 2017“, so Duvinage. „Die Kurzarbeit hat jedoch schlimmeres verhindert. Ohne dieses Instrument wäre die Zahl der Arbeitslosen wohl deutlich höher ausgefallen.“

Eine Prognose für das Jahr 2021 ist schwierig, denn die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf den Arbeitsmarkt sind bei Weitem nicht absehbar. „Unterm Strich kommt es darauf an, wie lange der aktuelle Lockdown anhält und wie wir da wieder herauskommen.“ Duvinage hofft jedenfalls, dass die Firmen im Agenturbezirk weiter auf Kurzarbeit setzen, ihre Beschäftigten nicht entlassen und nach Aufhebung der Kontaktverbote schnell wieder Tritt fassen können. Das 3. Quartal 2020 habe gezeigt, dass sich die Wirtschaft schnell erholen kann.

Arbeitslosigkeit und Beschäftigung
Im Jahresdurchschnitt 2020 waren im Emsland und der Grafschaft Bentheim 8.014 Personen arbeitslos gemeldet, das sind 1.779 (+28,5 Prozent) mehr als im Vorjahresdurchschnitt. Die Arbeitslosenquote erhöhte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent. Das ist erneut der mit Abstand geringste Wert im Bundesland. Die Arbeitslosenquote des Landes Niedersachsen betrug im vergangenen Jahr 5,8 Prozent. Von Arbeitslosigkeit betroffen waren im Jahresdurchschnitt 4.395 Arbeitslose (54,8 Prozent) im Rechtskreis SGB III und 3.619 Arbeitslose (45,2 Prozent) im Rechtskreis SGB II (Grundsicherung). Die Arbeitslosigkeit hat sich in beiden Rechtskreisen erhöht. Im Bereich der Arbeitslosenversicherung stieg die Arbeitslosigkeit um 40,1 Prozent; im Bereich der steuerfinanzierten Grundsicherung erhöhte sie sich um 16,6 Prozent.

Bei der Gruppe der Langzeitarbeitslosen und Älteren war im Jahr 2020 ein Anstieg zu verzeichnen. Die Steigerung der Arbeitslosigkeit bei beiden Personengruppen betrug 27,1 Prozent (+357 Personen) bzw. 25,3 Prozent (+335 Personen). Bei der Gruppe der Ausländer stieg die Arbeitslosigkeit um 42,1 Prozent auf 2.038 Personen (+603 Personen). Die Frauenarbeitslosigkeit stieg um 21,3 Prozent auf 3.539 Personen. Bei den Männern stieg die Arbeitslosigkeit um 34,8 Prozent auf 4.476 Personen.

Die Unterbeschäftigung, die auch Personen in Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik und in kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit mitzählt, belief sich in 2020 durchschnittlich auf 11.738. Das waren 1.186 mehr (+11,1 Prozent) als im Vorjahr. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg trotz Corona im vergangenen Jahr weiter an. Zur Jahreshälfte (Stichtag: 30.06.2020) waren 193.979 Menschen erwerbstätig, 1,3 Prozent mehr als zur gleichen Zeit im Vorjahr. Der Aufbau der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung erwies sich im Bezirk der Agentur für Arbeit Nordhorn als deutlich stärker als im Land Niedersachsen. In Niedersachsen stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im gleichen Zeitraum lediglich um 0,3 Prozentpunkte. Gleichwohl gab es deutliche Hinweise, dass die Pandemie den Aufbau weiterer Arbeitsplätze nicht zuließ.

Stellenangebot
Im Jahr 2020 wurden der Agentur für Arbeit Nordhorn 9.785 sozialversicherungspflichtige Stellen zur Besetzung gemeldet, das sind 5.436 Stellen (-35,7 Prozent) weniger als noch im Vorjahr. Stellenzugänge gab es vor allem in den Bereichen Zeitarbeit, im Handel, im verarbeitenden Gewerbe sowie im Baugewerbe. Große Nachfrage bestand auch im Gesundheits- und Sozialwesen. „Der Zugang an neuen Arbeitsstellen ist im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen und liegt stark unter den jahresüblichen Zahlen“, sagt René Duvinage. „Viele Betriebe sind aufgrund der Pandemie noch vorsichtig bei Neueinstellungen. Das führt zu deutlichen Nachteilen bei den Jobchancen für Arbeitslose und Berufseinsteiger.“ Die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung bei den Arbeitgebern gilt hier als Auslöser.

Obwohl die Nachfrage nach Arbeitskräften gegenüber dem letzten Jahr abgenommen hat, bleibt es in einigen Branchen schwierig, gemeldete Arbeitsstellen mit passendem Personal zu besetzen. Duvinage: „Wir werden daher auch im Jahr 2021 unsere Qualifizierungsbemühungen, insbesondere für Geringqualifizierte und Bewerber ohne abgeschlossene Berufsausbildung, fortsetzen und weiter intensivieren.“

Kurzarbeit
Mit dem Beginn des ersten Lockdowns im März stieg die Kurzarbeit binnen kürzester Zeit auf ein historisches Niveau. So zeigten seit April 5.967 Betriebe Kurzarbeit für 85.619 Beschäftigte an. Die Zahl der Anzeigen sagt aber noch nichts über die Inanspruchnahme der Kurzarbeit aus. Diese steht erst nach drei Monaten fest, wenn die Betriebe ihre tatsächliche Kurzarbeit mit der Agentur für Arbeit abgerechnet haben.

Im Monat Mai haben insgesamt 2.744 Betriebe für 30.059 Beschäftigte Kurzarbeit abgerechnet. Im darauffolgenden Monat haben 2.190 Betriebe für insgesamt 26.371 Beschäftigte Kurzarbeit abgerechnet. Damit war rechnerisch jeder 13. Arbeitnehmer an Ems und Vechte von Kurzarbeit betroffen. „Kurzarbeit hat im vergangenen Jahr viele Arbeitsplätze gesichert und damit für eine große Zahl der Beschäftigten die Arbeitslosigkeit verhindern können“, so Duvinage.

Ausblick 2021
Die Pandemie wirkt sich auch im Jahr 2021 auf die Arbeit der Arbeitsagentur Nordhorn aus. So wurde zum Beispiel für die Bearbeitung der Anträge auf Kurzarbeit innerhalb weniger Wochen ein neues Team mit 27 neu eingestellten Kolleginnen und Kollegen aufgebaut. Da persönliche Gespräche weiterhin nur eingeschränkt möglich sind, wurde das Online-Angebot und die telefonische Beratung erweitert. „Viele Anliegen können bereits von zu Hause aus erledigt werden“, erläutert Duvinage. „Das Angebot soll in den kommenden Monaten weiter ausgebaut werden. Wir haben bei der Digitalisierung einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht. So wird die Videokommunikation seit einigen Wochen in Beratungsgesprächen mit Kundinnen und Kunden erfolgreich eingesetzt.“

Die Situation am Arbeits- und Ausbildungsmarkt bleibt sehr angespannt. „Die Verunsicherung ist auf Seiten der Arbeitgeber, aber auch unserer Arbeitssuchenden deutlich vernehmbar. Viele Entscheidungen werden von der weiteren pandemischen Entwicklung abhängig gemacht. Damit bleibt der Arbeitsmarkt in einem Spannungsfeld. Eine schnelle Erholung ist aber denkbar. Das haben uns vergangene Krisen gezeigt“, so Duvinage. Duvinage ist sicher, dass mittelfristig die vor der Krise dominierenden Themen – Fachkräftesicherung, Transformation und Demografie – nach der Krise wieder mehr in den Vordergrund rücken.

Bildunterschrift:
René Duvinage (Geschäftsführer Operativ der AA Nordhorn) präsentiert den Arbeitsmarkt 2020 und gibt einen Ausblick auf das Jahr 2021.

Bildquelle:
Agentur für Arbeit Nordhorn

Fotograf:
Vincent ten Voorde