06.08.2024
Lossprechungsfeier Kreishandwerkerschaft Grafschaft Bentheim - 65 neue „Zukunftsmacher“
Nordhorn. Die Grafschaft Bentheim hat jetzt 65 Gesellinnen und Gesellen mehr. Vor rund 250 Gästen haben die Nachwuchshandwerker bei der innungsübergreifenden Lossprechungsfeier der Kreishandwerkerschaft (KH) Grafschaft Bentheim ihre Gesellenbriefe erhalten. 15 Prüflinge schnitten dabei besonders gut ab und wurden deshalb zusätzlich geehrt. Gemeinsam übergaben Kreishandwerksmeister Heiko Ensink und Sascha Wittrock, Geschäftsführer der KH, die Urkunden im Konzert- und Theatersaal Nordhorn.Die Lossprechungsfeier, zu der auch der neue Präsident der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim Andreas Nünemann kam, nutzte Kreishandwerksmeister Heiko Ensink, um einen Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Situation zu werfen: „Krisen schweißen zusammen und rütteln uns manchmal auch wach. Derzeit müssen wir hellwach sein“, betonte er. Die aktuellen Herausforderungen wie etwa der Fachkräftemangel, eine überbordende Bürokratie, steigende Baukosten oder eine hohe Steuerlast führten derzeit zu „Gleichgewichtsproblemen“. Ensink appellierte daran, diese Themen mit „gesundem Optimismus und aufgekrempelten Ärmeln“ anzupacken.
Optimistisch stimmten ihn auch die frisch gebackenen Handwerksgesellinnen und -gesellen. „Ihr habt erkannt, wie wichtig eine Ausbildung ist und seid diesen Weg gegangen“, lobte Ensink. Mit Blick auf die Bildungspolitik in Deutschland mahnte der Kreishandwerksmeister an, dass der Stellenwert einer Ausbildung gegenüber einem Studium noch immer nicht hoch genug eingestuft werde. „Aus ‚Jeder soll studieren‘ wird hoffentlich demnächst ‚Jeder soll den Beruf ergreifen können, der zu ihm passt’“, so Ensink. Denn um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern, seien viele Hände, also auch Nachwuchshandwerker, nötig. „Ohne das Hände-Werk installiert sich keine Wärmepumpe, wird keine PV-Anlage aufgebaut, kein Haus gebaut, keine Ernte eingefahren und keine Haare geschnitten“, verdeutlichte Ensink.
Um Eltern, Kindern und Jugendlichen den Handwerksberuf näherzubringen, sprach sich der Kreishandwerksmeister erneut für die Einführung eines Praktikums im technischen oder gesundheitlich-sozialen Bereich aus, das während der schulpflichtigen Zeit absolviert wird. „Auch die Einführung einer niedersachsenweiten Praktikumsprämie – so wie sie bereits in anderen Bundesländern wie Thüringen, Schleswig-Holstein oder Mecklenburg-Vorpommern gezahlt wird – könnte dazu beitragen, das Interesse für einen Handwerksberuf zu wecken“, ergänzte er.
Ein wichtiger Baustein, um frühzeitig auf Berufschancen im Handwerk aufmerksam zu machen, sei auch der „Campus Berufliche Bildung“, den der Landkreis Grafschaft Bentheim aktuell mit Wirtschaft, Schulen, Hochschule und dem Handwerk in Nordhorn aufbaut. Neben Lernzentren für die berufliche Orientierung sowie Aus- und Weiterbildung in verschiedenen Fachbereichen soll dort auch ein Innovationszentrum eingerichtet werden, das sich auf die digitale Bildung konzentriert. „Ein Thema wird dort auch das für das Handwerk zukunftsweisende Building Information Modelling sein“, gab Ensink einen Ausblick.
Dass sich das Handwerk trotz aller Tradition stetig weiterentwickeln müsse, betonte auch Eckhard Stein, Präsident der Handwerkskammer Oldenburg und Vorsitzender der Landesvertretung der Handwerkskammern Niedersachsen. Er war Gastredner bei der Lossprechungsfeier, die Herbert Finke moderierte. „Das Handwerk besitzt eine große Anpassungsfähigkeit. Deswegen gibt es uns auch schon so lange – und das Handwerk wird weiterhin benötigt. Auch wir werden zwar Künstliche Intelligenz nutzen müssen, aber das Handwerk wird durch KI nicht verschwinden“, betonte Stein.
Das Handwerk sei vielseitig und biete unzählige Vorzüge, richtete sich der Kammerpräsident an die jungen Gesellinnen und Gesellen. „Jeder Handgriff, jedes Projekt, das wir anpacken, hinterlässt sichtbare Spuren. Es ist ein erfüllendes Gefühl, am Ende des Tages zu sehen, was man geschafft hat. Ob es ein Tischler ist, der ein schönes Möbelstück gefertigt hat, ein Maurer, der ein neues Zuhause baut, oder ein Bäcker, der für einen Genussmoment sorgt – das Handwerk hat einen direkten, positiven Einfluss auf unser tägliches Leben. Und Sie alle sind auf dem besten Weg, Experten auf Ihrem Gebiet zu werden – Sie sind Zukunftsmacher“, verdeutlichte Stein. Im Zuge dessen dankte er auch allen Ausbildungsbetrieben, Berufsschullehrern sowie ehrenamtlichen Prüfern, Freunden und Familien der Prüflinge für ihren Einsatz und ihre Unterstützung bei den Gesellen- und Abschlussprüfungen. Stein ermutigte die Nachwuchshandwerker, sich später auch ehrenamtlich für ihre Branche zu engagieren: „Sie erweitern dadurch Ihre Kompetenzen, insbesondere in den Bereichen Bewertung, Kommunikation und Organisation. Diese Erfahrungen sind auch im beruflichen Alltag von großem Nutzen. Und Sie können sich auch ein Netzwerk aufbauen, von dem Sie sowohl persönlich als auch beruflich profitieren werden.“
Für das Unterhaltungsprogramm des Abends sorgte der artistische Comedian Jens Ohle aus Hamburg.
Bildunterschrift:
Insgesamt 65 neue Gesellinnen und Gesellen hat das Grafschafter Handwerk nach der Lossprechung hinzugewonnen.