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18.06.2021

Rechtsanwältin gibt wertvolle Tipps

Nordhorn. Die aktuelle Gesetzeslage beim Urlaubsanspruch, der Umgang mit langzeiterkrankten Mitarbeitenden oder Entschädigungszahlungen im Zusammenhang mit Corona – Rechtsanwältin Cornelia Höltkemeier von der Landesvereinigung Bauwirtschaft Niedersachsen gab in einem Online-Vortrag der Kreishandwerkerschaft Grafschaft Bentheim wertvolle Tipps für Arbeitgeber.


SONY DSCHöltkemeier informierte die 40 teilnehmenden Innungsmitglieder zum Beispiel über Regelungen zum Urlaubsanspruch. Sie erläuterte, inwiefern Arbeitgeber Betriebsferien festlegen können und wann Urlaubsansprüche verfallen. „Grundsätzlich gilt, dass Urlaubsansprüche am 31.12. verfallen“, erklärte die Rechtsanwältin. Diese Regelung tritt aber nur dann ein, wenn es keinen triftigen Grund für die Nichtinanspruchnahme gibt.


Wurde der Urlaub aus betrieblichen Gründen – also auf Wunsch des Arbeitgebers – nicht genommen, gilt eine Resturlaubsregelung und die Mitarbeitenden können den verbliebenen Urlaub noch bis zum 31. März des Folgejahres in Anspruch nehmen. Konnte der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden, verschiebt sich die Frist sogar auf den 31. März des übernächsten Jahres.

In der Folge klärte die Rechtsanwältin über ein Gerücht auf, das nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes kursierte. Das Urteil verpflichtet die EU-Mitgliedsstaaten dazu, eine gesetzliche Regelung zur täglichen Zeiterfassung durch den Arbeitgeber zu erlassen. „Eine Pflicht zur elektronischen Erfassung ist aber nicht Bestandteil dieses Urteils. Auch die Fahrzeitenvergütung und die Berücksichtigung von Fahrzeiten bei der Berechnung von Arbeitszeiten werden durch das Urteil nicht tangiert. Beides ist Gegenstand der tarifvertraglichen Regelungen und ist somit vom Einzelfall abhängig“, stellte Höltkemeier klar, bevor sie auf ein weiteres Thema zu sprechen kam: Langzeiterkrankungen. Hier machte die Referentin klar: Arbeitnehmer können sich nicht ständig wegen neuer Krankheiten arbeitsunfähig melden und so immer neue Entgeltfortzahlungen erhalten. Die Betroffenen müssen vielmehr beweisen, dass die erste krankheitsbedingte Arbeitsverhinderung bereits zu dem Zeitpunkt beendet war, an dem die weitere Erkrankung zur Arbeitsunfähigkeit führte.

Auch zu Arbeitgeber-Verpflichtungen in der Corona-Zeit bezog die Referentin Stellung. Sie beleuchtete zum Beispiel Entschädigungszahlungen im Quarantäne-Fall und erklärte, wer die Verantwortung für die Umsetzung von Arbeitsschutzvorgaben trägt. „Vertraglich ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, Gesundheitsgefahren für alle Arbeitnehmer zu vermeiden. Bei Verstößen ist der Arbeitgeber gegenüber erkrankten Arbeitnehmern schadenersatzpflichtig“, verdeutlichte Höltkemeier. Außerdem gebe es Verpflichtungen durch die Corona-Verordnung sowie das Infektionsschutzgesetz, die bei Verstößen Bußgelder vorsehen. „Um die Diskussion von Schadenersatzansprüchen zu vermeiden, sollten Arbeitgeber vor dem Corona-Hintergrund eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und ein betriebliches Hygienekonzept erstellen“, riet die Expertin. Sie zeigte den Teilnehmenden Muster für Hygienekonzepte und erläuterte den Umgang mit Maskenverweigerern im Betrieb und bei Kunden. „Wer keine Maske trägt, verstößt gegen eine Anordnung, die vom Direktionsrecht des Arbeitgebers getragen ist“, erklärte Höltkemeier. „Mögliche Konsequenzen können also eine Abmahnung sein, die Kündigung wäre das letzte Mittel. An dieser Stelle sollten sich Arbeitgeber aber unbedingt rechtlich beraten lassen.“

Auch auf mögliche Entschädigungszahlungen im Quarantänefall warf die Expertin einen Blick: Muss ein Arbeitnehmer auf Anordnung des Gesundheitsamts in Quarantäne, geht der Arbeitgeber in Vorleistung und holt sich das Geld später zurück. Die entsprechenden Anträge müssen spätestens zwölf Monate nach Beginn des Tätigkeitsverbotes oder dem Ende der Quarantäne gestellt werden. Der Arbeitnehmer erhält allerdings nur eine Entschädigung, wenn er keinen anderen Entgeltfortzahlungsanspruch gegenüber seinem Arbeitgeber hat. Er darf also nicht arbeitsunfähig, im Urlaub oder Azubi sein.

„Cornelia Höltkemeier hat wieder einmal zahlreiche wichtige Themen kompakt zusammengefasst und anschaulich dargestellt“, resümiert Sascha Wittrock, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Grafschaft Bentheim. „In ihrem kurzweiligen Vortrag haben alle Teilnehmenden sehr wertvolle Hinweise zur aktuellen Gesetzeslage sowie gute Tipps und Tricks erhalten.“